Monitoring und Analyse in elektrischen Energienetzen

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Mit dem Fortschreiten der Energiewende steigt die Zahl der Verbraucher, die gleichzeitig dezentral Strom aus Wind- und Sonnenenergie produzieren. Sie ersetzen immer größere Teile der Erzeugungskapazität, übernehmen aber nur begrenzt netzdienliche Aufgaben wie das Stabilisieren der Spannung und das Bereitstellen von Regelenergie. Smart Grids sollen diese Aufgaben künftig übernehmen. Grundlage für deren Konzeption und Steuerung sind präzise Systemmodelle und hoch aufgelöste Messdaten aus dem laufenden Netzbetrieb. Für diese Aufgabe haben Elektrotechniker des KIT den EDR entwickelt. Der EDR – Electrical Data Recorder –  zeichnet Netzspannung und Lastströme punktgenau, hoch aufgelöst und lückenlos auf. Bei zunehmender Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien durch dezentrale Erzeuger kann er dazu beitragen, eine tiefere Einsicht in die realen Systemvorgänge zu erhalten. Mit einer messdatengetriebenen Modellierung von Netzsegmenten und Betriebsmitteln lässt sich die Qualität von Simulationen erhöhen, was auch die zuverlässige Steuerung zukünftiger intelligenter Netze ermöglicht.

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Anforderungen der dezentralen Energieerzeugung
Die Versorgung mit elektrischer Energie wandelt sich: Je weiter die Energiewende voranschreitet, desto mehr Strom aus fluktuierenden erneuerbaren Quellen, wie Sonne und Wind, wird ins Netz eingespeist – häufig von dezentralen Erzeugern. Das Stromnetz muss somit lokal wechselnde Erzeugungs- und Lastsituationen ausgleichen, um eine durchweg zuverlässige Versorgung aufrechtzuerhalten. Dazu werden intelligente Netze, sogenannte Smart Grids, künftig Erzeuger, Speicher und Verbraucher über Informations- und Kommunikationstechnologien miteinander verbinden sowie aufeinander abstimmen.
Eine besondere Herausforderung bildet dabei die zunehmende Zahl der Verbraucher, die zugleich als Erzeuger fungieren und dezentral Strom aus Sonnen- oder Windenergie einspeisen. Sie übernehmen einen steigenden Anteil an der Erzeugung, tragen aber nur begrenzt dazu bei, die Spannung zu stabilisieren und Regelenergie bereitzustellen. „Daher benötigen wir Betriebsführungskonzepte, die nicht nur die Transportkapazität des Stromnetzes optimal nutzen, sondern auch eine hohe Versorgungsqualität gewährleisten“, sagt Dr. Heiko Maaß vom Institut für Automation und angewandte Informatik (IAI) des KIT. „Die Basis dafür bilden detaillierte Simulationen und hoch aufgelöste Messdaten aus dem laufenden Netzbetrieb.“ 

Lückenlose Datenaufzeichnung
Unter seiner Leitung haben Forscher am IAI den EDR entwickelt, ein Monitoring- und Analysewerkzeug für elektrische Energienetze. Das Gerät lässt sich nahe dem Verbraucher oder in industriellen Anlagen installieren und zeichnet Netzspannung und Lastströme punktgenau auf. Dank einer gepufferten Stromversorgung läuft die Aufzeichnung sogar während eines Spannungsverlusts weiter. Der EDR kann drei Spannungskanäle (drei Phasen) und vier Stromkanäle (drei Phasen plus Neutralleiter) synchron mit einer Auflösung von 16 Bit und Abtastraten bis 25 kHz kontinuierlich und lückenlos aufzeichnen. Der typischerweise 4 TB große Datenspeicher reicht für eine Aufzeichnungsdauer von acht Wochen bei voller Auflösung. Über eine GPS-Synchronisation lassen sich sämtliche Messwerte von verteilten Messorten zeitlich zuordnen. Die Funktionalität kann wie ein verteilt arbeitendes Speicheroszilloskop verstanden werden. Steht eine leistungsfähige Netzwerkanbindung zur Verfügung, können die vollständigen, hoch aufgelösten Messdaten fortlaufend in einer Datenbank zur späteren Verarbeitung abgelegt werden. Alternativ ist für eine Aufzeichnungsdauer von ca. acht Wochen eine lokale Zwischenspeicherung möglich.
Der EDR bietet eine grafische Benutzeroberfläche mit Touch-Unterstützung, über die der Nutzer die Aufzeichnung steuern sowie die Abtastwerte und sich die daraus berechneten Kennwerte (Effektivwerte, Frequenz, Min-Max-Werte, Oberschwingungen etc.) anzeigen lassen kann.
Die Geräte lassen sich sowohl einzeln – etwa zur Diagnose von Power-Quality-Problemen – als auch im Verbund einsetzen; im letzteren Fall steuert und überwacht eine zentrale Anwendung sämtliche Geräte. Auch ist eine Liveanzeige der berechneten Kennwerte der Einzelmessgeräte möglich. Der Verbundbetrieb ermöglicht zusammen mit der kontinuierlichen Aufzeichnung die detaillierte Ausbreitungsuntersuchung von Störungen und deren Historie.
„Künftig soll der EDR darüber hinaus zur messdatengetriebenen Modellierung von Netzsegmenten und Betriebsmitteln dienen“, erklärt Projektleiter Dr. H. Maaß. „So kann er dazu beitragen, die Qualität von Systemmodellen und damit auch die Steuerung von Smart Grids wesentlich zu verbessern.“

Published by ETZ-Zeitschrift